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Die grüne Null

  • Autorenbild: Robert Rienass
    Robert Rienass
  • 10. Feb. 2022
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 31. März 2022

Unser Mittel gegen die Erderwärmung

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Wir stecken mitten in der Klimakrise. Abgase, Plastikmüll und Waldrodung bringen unseren Erdball nachweislich an den Rande des Kollaps. Die gute Nachricht: Noch ist nicht alles verloren. Wir haben noch eine Chance darauf, unseren Lebensraum zu retten. Welche Mittel und Ressourcen uns dafür zur Verfügung stehen und wie wir sie sinnvoll einsetzen können, erfahrt ihr hier.


Die große Flut


Monsunartiger Regen prasselt auf die Erde, reißende Fluten verschlingen Straßen und Häuser. Autos schwimmen wie Spielzeug in einer Badewanne. Menschen kauern auf Dächern und Balkonen. Diese Bilder sind nicht etwa die eines apokalyptischen Science-Fiction-Filmes, sondern reale Beschreibungen der Flutkatastrophe aus dem vergangenen Jahr in Mitteleuropa, von der auch einige deutsche Gebiete heftig betroffen waren. Ein gutes halbes Jahr nach der Umweltkatastrophe sind zwar die Wassermassen verschwunden, doch der Wiederaufbau noch lange nicht abgeschlossen. Viele Opfer scheinen verunsichert und ratlos. Woher kam der plötzliche Starkregen? Wieso griffen bisherige Schutzmaßnahmen nicht? Wie soll es in Zukunft weitergehen?


Klima in der Historie


Mittlerweile dürfte jedem von uns klar sein, dass diese Szenarien nicht einfach nur eine Laune der Natur waren, sondern klare Folgen des menschengemachten Klimawandels. Sicher: Im Laufe der Erdgeschichte hat die Umwelt immer wieder Unglücke und Schwankungen erlebt. Doch mit Beginn der Industrialisierung häufen sich diese deutlich. Allein in den vergangenen zwanzig Jahren ist die Anzahl der weltweiten Naturkatastrophen um rund drei Prozent gestiegen, wie eine Studie von Statista zeigt. Das wiederum liegt hauptsächlich an der global steigenden Durchschnittstemperatur, die seit dem neunzehnten Jahrhundert anomal in die Höhe schießt. Heute ist unser Erdball fast 1,5 Grad wärmer als zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Rund neunzig Prozent dieser Steigung erfolgte allein in den letzten fünfzig Jahren.


Diese rasanten Veränderungen des Klimas sorgen dafür, dass sich die Natur nicht schnell genug an die neuen Bedingungen anpassen kann. Das langfristige Ergebnis: ein Artensterben, vor dem auch wir Menschen nicht verschont bleiben. Wie und wann dieses Szenario eintritt ist umstritten. Fakt ist jedoch, dass bereits die Enkel von heute geborenen Kindern dieses dramatische Geschehen miterleben könnten. Sollten wir da nicht längst handeln?


Ex-US-Präsident Donald Trump
Auf den Punkt gebracht: Wir haben nur einen Lebensraum

Kippunkte im Visier


Die Wissenschaftler haben es vorgemacht. Sie warnen seit 1960 vor einer noch nie dagewesenen Katastrophe. Vor dem Sprung in eine alte Zeit des Klimas, in der es noch keine Menschen gab. Bei weiterhin ungebremster Erderwärmung wäre das eine Klimaentwicklung um rund fünfzig Millionen Jahre zurück. Und das in nur zwei Jahrhunderten. Holland wäre dann nur noch per Tauchgang zu erreichen. Die Pole vom Eis befreit, Deutschland eine Steppe und weite Teile der Erde aufgrund der Hitze nicht mehr bewohnbar.


Um dieses Szenario zu verhindern, versuchen Forscher seit geraumer Zeit sogenannte Kipppunkte auszumachen. Kritische Umweltereignisse, die den Klimawandel beschleunigen und sich, einmal angestoßen, nicht mehr umkehren lassen. Der arktische Permafrostboden ist so ein Kipppunkt. Einer, der buchstäblich lange unter den Teppich gekehrt wurde. Denn wenn er taut, setzt er vergrabene Treibhausgase frei. Und die belaufen sich wohl auf rund einhundert Millionen Tonnen CO2. Auch die Rodung des Regenwalds stellt einen kritischen Schwellenwert dar, der das Fass zum Überlaufen bringen kann. Wird er weiter abgeholzt, reicht seine Größe schon bald nicht mehr aus, um das CO2 in der Atmosphäre aufzunehmen und zu absorbieren.


Umweltsünden ausgleichen


Welche Möglichkeiten gibt es, dieses Szenario zu verlangsamen, ja vielleicht sogar zu verhindern? Anregungen kommen hauptsächlich von Wissenschaftlern, NGOs und Aktivisten. Der Konsens: Klimaschutzprojekte. Sie sollen den Ausstoß von Emissionen kompensieren. Eine Idee, mit der man schwere Umweltsünden zumindest in Teilen wieder wettmachen kann.


Ganz oben auf der Liste steht die Aufforstung des Regenwalds, bei der Ritter Sport mit einem simplen und effektiven Konzept vorangeht. Der Schokoladenexperte kauft mehr Land, als er für den Kakaoanbau benötigt. Ein Teil dieser Fläche bleibt dann unberührt und dient dem Naturschutz. Ein weiteres Beispiel für gelungene Klimaschutzprojekte kommt aus Nepal. Genauer gesagt aus Kathmandu. Hier verarbeiten die Bewohner organische Abfälle systematisch zu Kompost. Der Vorteil? Große Mülldeponien verschwinden und verwandeln sich in hochwertige Biomasse, die Landwirte als Düngemittel nutzen können.


Die Entwicklung zeigt deutlich, dass solche Schutzprojekte etwas bewirken. Dennoch: Mit ihnen allein können wir den Kampf gegen den Klimawandel nicht gewinnen. Dazu brauchen wir die grüne Null - ein von Grund auf ein klimaneutrales Leben, meinen Forscher.


Biogas
Kompost dient Landwirten als wertvoller Dünger

Gewohnheiten sinnvoll anpassen


Klimaneutral leben? Das heißt im Klartext einen Lebensstil zu pflegen, der keine Auswirkungen auf das Klima hat. Das Problem dabei: Jede unserer Entscheidungen hinterlässt einen ökologischen Fußabdruck. Deshalb ist es wichtig, kluge Entscheidungen zu treffen, mit denen wir unsere Emissionen so gut wie möglich reduzieren und die verbleibenden klimaschädlichen Gase ausgleichen. Wie das gehen kann, zeigt die Deutsche Umwelthilfe. Sie informiert darüber, welche privaten Maßnahmen für den Klimaschutz sinnvoll sind und wie wir sie konkret umsetzen können.


Los geht es beim Wohnen: Hier lohnt sich der Blick auf den Stromanbieter. Bietet dieser Energie aus nachhaltigen Quellen, wie Windkraftwerken oder Meeresturbinen an, ist das der erste gelungene Schritt in Richtung Klimaneutralität. Wer in einem Haus wohnt, sollte über eine neuartige Photovoltaikanlagen nachdenken. Gerade bei hohem Energiebedarf lohnt sich die Installation. Ein zusätzlicher Speicher kann überschüssige Energie sogar sammeln. Auch unser Heizverhalten hat einen sehr großen Einfluss auf das Klima. Prinzipiell gilt: Je weniger künstlich erzeugte Wärme, desto besser. Und das geht sogar ganz einfach. Denn wer den Heizkörper einmal pro Jahr richtig entlüftet, muss weniger heizen.


Konsumverhalten überdenken


Des Weiteren empfiehlt die Umwelthilfe die eigene Ernährung auf den Prüfstand zu stellen. Klimaneutrales Leben heißt hier vorwiegend pflanzliche Produkte aus der Region und passend zur jeweiligen Saison zu essen. Noch besser: der Anbau im eigenen Garten. Mit Urbanfarming geht das sogar für Stadtbewohner.


Brauch ich das wirklich? Die wohl wichtigste Frage, wenn es um ein klimaneutrales Konsumverhalten geht. Denn allein der Kauf und Verkauf rechtfertigt die Ware und ihre Art der Produktion. Und die ist in vielen Fällen nicht sehr klimafreundlich. Das trifft besonders auf Textilien zu. Deswegen sollte man genau darauf achten, woher sie stammen, welches Material sie haben und ob man sie nicht auch über Sharing- oder Second-Hand-Plattformen wie Kleiderkreisel erwerben kann.


„Sharing“ ist auch das Stichwort zum Thema Fortbewegung. Denn immer mehr Deutsche steigen auf elektrische Mietwagen um. Eine der nachhaltigsten Formen im Straßenverkehr. Alternativ steht auch das Zweirad zur Verfügung. Schnelle E-Bikes, wie S-Pedlecs sind gleich doppelt nachhaltig. Ihr elektrischer Antrieb und ihre Größe sorgen dafür, dass Fahrer auch Staus klimaneutral umfahren können.


Die Beispiele zeigen, dass wir in jedem Lebensbereich unsere Emissionen reduzieren können. Und das sogar auf kreative Art und Weise. Eine wichtige Erkenntnis, denn beim Klimaschutz zählt jedes Zehntel Grad. Bleibt nur die Frage: Wie viel CO2 darf ein Mensch ausstoßen, um klimaneutral zu leben? Die Antwort: Höchstens eine Tonne pro Jahr. Das scheint nicht viel. Aber es ist machbar, dieses Ziel zu erreichen. Damit das gelingt, gibt es verschiedene Apps, mit denen wir unseren CO2-Ausstoß berechnen und tracken können. Ein guter Tag ist eine dieser Anwendungen. Mithilfe eines Punktesystems behalten User hier ihre Emissionen im Blick und können genau schauen, inwiefern sich ihre Tätigkeiten auf das Klima auswirken.


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Better By Bike: Elektroräder sind besonders klimaneutral

Politische Macht nutzen


Natürlich funktioniert diese Art des kollektiven Klimaschutzes nur, wenn jeder mitmacht. Die Historie zeigt, dass Vernunft und Bewusstsein hierfür nicht reichen. Denn trotz eines offensichtlichen Klimawandels stößt allein jeder Deutsche weiterhin rund acht Tonnen CO2 pro Jahr aus. Also das siebenfache des klimaneutralen Grenzwerts.


Auf der Suche nach Ursachen trifft man schnell auf Bequemlichkeit, aber auch auf eine klimaschädliche Weltpolitik. Die wiederum ist nicht in fehlenden politischen Ideen begründet, sondern im Lobbyismus ökonomischer Schwergewichte. Immer wieder gelingt es wirtschaftlich starken Branchen, wie der deutschen Automobilindustrie wichtige Umweltgesetze in letzter Konsequenz zu kippen. Auch Kohle-, Gas- und Ölfirmen verhindern seit Jahren längst überfällige Beschlüsse zum Klimaschutz. Mit geschickten Argumenten wickeln sie Politiker um die Finger und siegen im Interessenkonflikt.


Die Vergangenheit zeigt, dass klimaschützende Projekte erst dann in Kraft treten, wenn Naturkatastrophen unmittelbar bevorstehen. So wie 1987, als die NATO-Staaten den Gebrauch von FKWs und FCKWs im Rahmen des Montrealer Abkommens verboten haben. Zwei Gefahrengüter, die maßgeblich an der Vernichtung der Ozonschicht beteiligt waren.


Es scheint also, als sei eine gute Mischung aus Anreizen für privaten Klimaschutz und politischer Gesetzgebung der effektivste Weg in Richtung Nachhaltigkeit. Das resultiert auch aus dem Fazit der Wissenschaft: Wenn wir Umweltschutz ganzheitlich denken und zeitnah handeln, haben wir noch eine Chance darauf, den Klimawandel zu verlangsamen oder gar zu stoppen. Somit liegt es an uns, ob Naturkatastrophen wie die Flut aus vergangenem Jahr eine Ausnahme bleiben oder den Alltag unserer Kinder und Enkelkinder bestimmen werden.


Text: Robert Rienass

Bilder: Karsten Würth, Markus Spiske, Conscious Design, Wolfram Bölte

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